Er saß einfach da. In der großen Scheinzypresse. Und guckte uns zu. Ich versuchte zu locken: 'Komm - komm - komm.' Und er kam auch näher, musterte mich, dann schwirrte er in den Apfelbaum, drehte eine Runde über die Terrasse und den Schalenbrunnen und mehrere Runden um unsere kleine Fontäne im großen Brunnen. Ich sagte: 'Hast du Durst?' und hielt ihm das Meisen-Windlicht-Trinkglas hin. Und da kam er. Er saß auf dem Ast gleich neben mir und trank Wasser. Ohne Angst. Dann flog er zur Körnerschale.
Unser Besucher hat Migrationshintergrund. Viele, viele Generationen vor ihm lebte die Familie in Australien. In Australien gibt es auch immer noch jede Menge Verwandtschaft. Große Trupps von Verwandtschaft. Mitte des 19ten Jahrhunderts gelangten die ersten Ahnen mit Schiffen nach Europa. Bis Ende des 19ten Jahrhunderts reisten immer mehr aus Australien aus, dann machte Australien die Grenzen dicht.
Europäer fanden die Besucher reizend. Japaner übrigens auch. Und so begann die Wellensittichzucht.
Es gibt Züchterverbände und Züchtervereinigungen, es wird gezüchtet wie verrückt. Alle Wellensittiche sind beringt, denn sie gehören zu den Papageien und das Beringen ist gesetzliche Vorgabe nach dem Tierseuchengesetz. Auch unser Besucher trägt seinen Ring, aber er ist schüchtern und lässt ihn mich nicht genauer ansehen. Schade.
Sein Gefieder hat die Farben der wilden Verwandten. Es gibt jedoch gezüchtete Wellensittiche mit blauen Federn, mit dunkelgrünen, olivgrünen, weißblauen, mauvefarbenen oder weißen Federn.
Wo mag er wohl vorher gewesen sein? Vermisst ihn jemand? Vielleicht hier in Hannover-Bothfeld?
Zunächst sind wir gespannt, ob er wieder auftaucht. Hemmi Hamilton Eichhorn jedenfalls findet ihn blöd. 'Mensch, warum sprichst du mit einem Vogel? Sprich mit mir.'