"Wer an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät?" Kennt Ihr noch Paulchen Panther, der sich wunderte, wie schnell manchmal die Zeit vergeht?
Silvester ist das bei uns immer so. Zuerst denken wir, wie viele Stunden doch bis 24 Uhr noch vor uns liegen, und dann müssen wir zusehen, dass wir mit unserem Essen und dem Dessert und dem Tisch-Aufräumen und den Knallbonbons noch fertig werden, um den Mitternachtssekt rechtzeitig geöffnet zu bekommen.
Dann läuten alle Kirchenglocken, wir wünschen uns alles Gute und dann beginnt die finale "Pyrotechnik".
Und wieder knüpfen wir ein Bündel an Erwartungen und Hoffnungen und guter Vorsätze. Und ich nehme mir vor, das alles nur als lockere Vorschläge zu sehen und mich zu freuen, wenn sich irgendetwas realisiert. Und so, ja tatsächlich, ist 2017 da.
Ein guter Vorsatz: Mehr Rauskommen.
Fangen wir damit an.
Unter unserem Weihnachtsbaum lag ein Buch: "Hannoversche Geheimnisse". Eins der Geheimnisse handelte von unserer Rathausuhr und da sind wir doch gleich einmal hin und haben nachgeschaut.
Genau hingesehen hat das hannoversche Neue Rathaus eine Uhr an der Eingangsseite zum Trammplatz und eine zweite an der Gartenseite zum Maschpark. Die Trammplatzuhr ist nicht am zentralen Rathausturm, sondern am großen Giebel über dem Eingang angebracht. Sie ist so alt wie das Rathaus, das 1913 eingeweiht wurde, und wurde damals von Bürgern der Stadt gestiftet. Ein kostbares Stück. Nachts ist das Ziffernblatt von innen beleuchtet oder sieht zumindest so aus, die Zeiger sind dunkel.
Die Gartenseite-Rathausuhr ist dagegen unterhalb der Kuppel direkt am Rathausturm angebracht und bei ihr leuchten die Zeiger und die Ziffern, während das Ziffernblatt dunkel bleibt. Sie ist auch nur gut halb so alt (aus den 1950ern) wie ihre Trammplatzschwester, denn zum Ende des 2. Weltkriegs beim letzten großen Luftangriff auf Hannover wurde auch die Fassade des Rathauses an der Gartenseite getroffen. Und nach dem Krieg musste wieder aufgebaut werden und eine neue Uhr her. Leuchtende Zeiger waren damals der letzte Schrei, ich kann mich noch an Wecker und Uhren meiner Eltern erinnern, deren Zeiger leuchteten. Und ich kann mir vorstellen, wie die hannoverschen Ratsherren sich gesagt haben, dass das ganz praktisch ist, wenn man angetüdelt vom Schützenplatz nach Hause wankt und die Uhr Richtung und Zeit gibt. Denn man sieht sie wirklich gut durch den ganzen Maschpark.
Wie das genau funktioniert, da sind die Aussagen etwas diffus.
Die Rathausuhrzeiger und Ziffern sind aus vielen einzelnen Glasröhrchen zusammengesetzt. Jedes Röhrchen ist innen hohl und mit einem Gas gefüllt, das alle 5 Jahre von einer Spezialfirma neu aufgefüllt werden muss. Dazu werden sie vorsichtig abgenommen und für einige Zeit zeigt die Uhr - gar nichts.
Und jetzt habe ich ein Geheimnis des Buchs ausgeplaudert, aber es gibt ja noch so viele weitere darin. Kauft es Euch.
Was da genau leuchtet? Ich vermute, dass es sich um das radioaktive Tritiumgas handelt. Tritium ist ein Wasserstoffisotop, Nebenprodukt bei der Kernspaltung, mit einer Halbwertzeit von 12 Jahren. Die Glasröhrchen sind innen beschichtet, mit Phosphor oder Zinksulfit, und in der Regel Laser-verschweißt. Der Zerfall des Isotops setzt Radioaktivität frei und bringt die Beschichtung zum Leuchten. Und während das Tritium zerfällt, wird das Leuchten langsam weniger. Bevor das auffällt, wird neu gefüllt.
Es gibt im Handel Uhren und Lampen zu kaufen, die diese Chemie nutzen. Die Glasröhrchen sind heute so fein und dünn, dass sie in Armbanduhren eingesetzt werden. Angeblich unbedenklich. Hmm.
Bevor man darauf kam, Tritium zu verwenden, war Radium in. Arthur Junghans erfand 1912 die Radium-Leuchtfarbe, die bis in die 1960er Jahre bei allem, was im Dunkeln leuchten sollte, eingesetzt wurde. Vom Militär noch länger. Das Radium setzte erheblich mehr Radioaktivität frei als heute das Tritium, trotzdem galt es lange als unbedenklich, bis man mal genauer hinsah. Beim Militär übrigens erst zur Jahrtausendwende. Tritiumgaslichtquellen sind ab einer bestimmten Stärke melde- und genehmigungspflichtig und Uhren und Lampen damit müssen im Sondermüll entsorgt werden, gelten im Gebrauch aber für die menschliche Gesundheit als unbedenklich. Wann sieht man da genauer hin? Ich möchte keine Strahlenquelle am Handgelenk tragen. Was ist, wenn sie hinfällt und das Röhrchen zerbricht?